Der Ludwigsturm     
 

Ludwig Baumann

" . . . in kommenden Zeiten Sammelplatz zu Festlichkeiten"
 
 

Einem noblen, großzügigen und wohldurchdachten Entschluß, den der Landrichter Carl von Paur vor 150 Jahren faßte, ist es zu verdanken, daß die "Waldfestspiele Kötzting" auf dem Ludwigsberg, an diesem Ort, vor dieser Kulisse, stattfinden können.

Damals erbat er sich vom Magistrat die Erlaubnis, auf dem sogenannten Galgenberg, einem Gemeindegrund, "in loyalster Gesinnung ein Denkzeichen der Dankbarkeit an Kaiser Ludwig den Bayer, dem Wohltäter des Marktes, errichten zu dürfen". Zugleich suchte er um die Genehmigung nach, daß das Steinmaterial in der Nähe der Baustelle gebrochen werden konnte. Er plante das Denkmal als "mittelalterlichen Thurm", und wollte es "aus eigenen Mitteln errichten". Am 13. Juli 1849 beschloß der Magistratsrat, "daß die beabsichtigte Errichtung des Monuments nicht nur bewilligt, sondern dem k.(öniglichen) Landrichter bei wirklicher Ausführung dieser edlen Absicht der Dank der Marktsgemeinde ausgedrückt werde". Von Paur verband mit der Errichtung des Denkmals für Kaiser Ludwig eine zweite Absicht. Er wollte den Bürgern einen Anstoß geben, den öd und brach liegenden Galgenberg aufzuforsten. Kultivierung, Förderung der Land- und Forstwirtschaft und Landschaftspflege waren Ziele, für die er sich beharrlich einsetzte.

Noch im gleichen Sommer wurde mit dem Bau unter der Leitung des Maurermeisters Johann Wilhelm begonnen. Nach zwei Jahren war der Turm fertig. Die Einweihung war auf den 31. Oktober 1851, ein Freitag, festgelegt. Das Datum sollte man sich merken. In zwei Jahren kann das 150jährige Jubiläum gefeiert werden. Ausführlich und nicht ohne berechtigten Stolz schildert Carl von Paur den Festtag in einer Chronik, die er 20 Jahre später "den Freunden und guten Bekannten" in Kötzting widmete:

" . . . ein Tag freudiger Erregung. Es galt, dem nunmehr vollendeten Thurmbau auf der Höhe des sogen. Galgenberges die Weihe zu geben, und die um dieselben befindliche Ödung mit Bäumen und Gesträuchen zu bepflanzen.

Zu diesem Zwecke wurde von dem k. Landrichter v. Paur, dem Erbauer und Eigenthümer des Thurmes, ein Fest angeordnet, wozu die Titl. Honoratioren und Bürger sowie die Lehrer und die Schuljugend eingeladen wurden.

Das Vorhaben der gemeinschaftlichen Baumpflanzung fand allenthalben, besonders aber bey der Schuljugend sogleich Anklang, so daß das Ganze sich zu einem sehr rührenden Feste sich gestaltete.

Unter der Mittagszeit versammelten sich mehrere Ttl. Honoratioren und Bürger sowie die Lehrer mit einem Theile der Schulkinder vor dem Landgerichtsgebäude [neues Rathaus], von wo aus der Zug unter Vortragung der vaterländischen Fahne auf die Berghöhe sich begab.

Es waren etwelche 50 Schulkinder anwesend, von welchen die meisten Bäumchen, geziert mit weiß-blauen Bändern, in den Händen trugen, auch mehrere der erwachsenen Personen trugen junge Bäume auf den Schultern, zur Einpflanzung bestimmt.

Am Platze angekommen, begrüßte der k. Landrichter die Anwesenden in einer kurzen Ansprache, in welcher er als den Zweck der Erbauung des Thurmes hervorhob, daß der Bau geführt worden sey in rein patriotischem Gefühle für den größten Fürsten aus dem erlauchten Hause Wittelsbach, Kaiser Ludwig den Bayer, dem Beschützer Deutschlands und Bayerns, der besonders auch dem Markte Kötzting durch Bestätigung und Erneuerung seiner alten Privilegien Wohltaten erwiesen hat, die zu seinem Geheihen und Aufblühen so wesentlich beytrugen, daß die Marktsgemeinde ihm zum immerwährenden Danke verpflichtet ist, – ferner daß durch die vorhabende Baumpflanzung der Sinn für die Baumkultur angeregt und die Marktgemeinde aufgemuntert werde, die umher liegende Ödung aufzuforsten und nutzbringend zu machen, auch soll das Ganze beytragen, das landschaftliche Bild der Umgegend zu verschönern, denn wer seine Heimat lieb hat, wünscht auch, daß sie schön sey, – und endlich wurde unter allseitiger Zustimmung ausgesprochen, daß von nun an und für immer die Berghöhe der "Ludwigsberg" und der Thurm der "Ludwigsthurm" benannt werde.

Die Ansprache schloß mit einem allgemeinen Hoch auf Se. Majestät, den geliebten König Max II. –

Nun begannen die Schulknaben das vom Lehrer Frz. Paul Führlbeck gedichtete Festlied (nach der Melodie des Walhallaliedes) zu singen." Dann folgen die 14 Strophen des sehr patriotisch gefärbten Textes: " . . . Seht ihr bergwärts und erhaben / Kaiser Ludwigs Ehrenmal? / Dahin ziehn wir deutsche Knaben / Bayerns Sprossen, treu wie Stahl." Mit einem Aufruf an die folgenden Generationen beendeten die Schüler der Knabenschule ihr Lied: "Daß dies Denkmal immer währe, / sorgen unsere Enkel fort; / und es netz’ der Liebe Zähren / ewig diesen heil’gen Ort."

Im folgenden Teil der Feier durften sich die Schulbuben mit körperlicher Arbeit austoben: "Nach Absingung des Liedes ging es den ganzen Nachmittag über froh und rührig her mit Einpflanzen der Bäumchen und Gesträuche, und als dies geschehen war, schloß ein wiederholtes kräftiges "Hoch" auf Se. Majestät den König die festliche Arbeit.

Eltern, welche sich unter den Zuschauern befanden, sahen gerührt dieser schönen Scene zu und hielten sich überzeugt, wenn schon so früh den Kindern edele Gefühle eingeprägt und hin auf die Natur und Kultur aufmerksam gemacht werden, daß es dann weder Baum- noch andern Frevel mehr geben, und die Menschen eine bessere Gesinnung und Gesittung, für sich und anderen zum Wohle, annehmen werden.

Unter solchen Gefühlen verließen die Anwesenden die Ludwigshöhe in der Voraussicht, daß sie mit ihrer naturschönen Rundschau noch oft in kommenden Zeiten der Sammelplatz zu Festlichkeiten und gesellschaftlichen Zusammenkünften seyn werde."

Diese "Voraussicht" sollte sich in den Jahren danach, ja bis zum heutigen Tag – schon über fünf Generationen – erfüllen. 1854 besuchten die Prinzen Paul und Hugo von Thurn und Taxis mit ihrem Hofmeister auf einer Bayerwaldreise auch Kötzting. Ihnen zu Ehren organisierte man beim Ludwigsturm eine Feier, in deren Verlauf zwei Eichen gepflanzt wurden. Und der wackere Lehrer Führlbeck hatte ein Weihegedicht auf die hohen Gäste verfaßt: "Wo Fürstengröße Hand in Hand mit Weisheit sich ergehet . . .". 1856 und 1857 fand das "Landwirtschaftliche Distriksfest" statt. Nach einem Dankgottesdienst und einer "landwirtschaftlichen Sitzung" in der Post ging es im Festzug "unter Vortritt der Landwehrmusik und Vortragung der Preisfahnen" und mit der Schützengesellschaft zum Festplatz auf dem Ludwigsberg. Das Fest von 1857 wäre beinahe ins Wasser gefallen. Carl von Paur, maßgeblich an der Organisation beteiligt, wollte nicht mehr mitwirken. Gegen seine Bestrebungen, die moderne ganzjährige Stallfütterung in der Landwirtschaft einzuführen, wurde das Kötztinger Vieh immer noch auf den jetzt in Ludwigsberg umgetauften Galgenberg zur Weide getrieben. Die Rindviecher beschädigten die junge Baumkultur und haben wohl auch ohne Respekt vor Kaiser Ludwig übelriechende Fladen abgeladen. Erst eine von 41Bürgern unterzeichnete Petition und Beschlüsse der beiden Gemeindegremien, "daß vorläufig ein Theil von 1 Tagwerk des Ludwigsberges kultiviert und mit Bäumen bepflanzt werde" und daß der Gemeindehirte die strenge Weisung bekommt, "sämtliche am Ludwigsberge befindliche Bäume im Schutz zu halten", stimmten den Landrichter um.

1862 feierten 25 Priester der Weihejahrgänge 1836 und 37 mit weiteren 21 Geistlichen der näheren Umgebung das silberne Priesterjubiläum in Kötzting: " . . . nachmittags und abends war Reunion (Gesellschaftsfeier) auf der Ludwigshöhe, wo unter einem zunächst am Wartturme aufgestellten großen Zelte die vereinten Freunde unter Beteiligung der Ortseinwohner in Freude und Herzlichkeit vergnügte Stunden zubrachten."
 
 

Quellen:

Stadtarchiv Kötzting: Carl von Paur, Gedenkblätter zur Ortsgeschichte des Marktes Kötzting von 1800 bis 1871, Manuskript. – Altes Archiv XV/60 Landwirtschaftliches Vereinsfest 1857.

O.V., Erinnerung an das Priester-Jubel-Fest zu Kötzting am 15. und 16. Juli 1862, Manz Regensburg 1862.