In den Jahren 1650 bis 1685 führte der Kötztinger Bürger
Paulus Hofmann , Müller auf der Sagmühl einen Prozeß gegen
den Markt Kötzting. Es war seine Absicht , die Mühle von seinem
ursprünglichen Standort am Gruberbach näher an die Mündung
dieses Baches zu verlegen. Er begründete sein Vorhaben mit wirtschaftlichen
Interessen und hatte auch seinen Grundherrn , das Kloster Rott , auf seiner
Seite.
Der Rat des Marktes Kötzting lehnte sein Vorhaben ab , hatte aber die schwächeren , fast an den Haaren herangezogenen Argumente. So sei "der Viechtrieb mit dem Wasser etwas : sowollen der Bluembbesuch merklich gehindert." Im Übrigen sei die Mühle schon seit unvordenklichen Zeiten an dieser Stelle. Die Begründung war so wenig stichhaltig , daß der Bürger Hofmann in seiner Replik den Vertretern des Rates blanken Neid vorwarf. Als Ausweg stellte er den Antrag auf ein Sachverständigengutachten in dem die Fachmänner die Auswirkungen eines Mühlenneubaues , er nennt es Umsetzung , beurteilen sollten.
In dem erhaltenen Gutachten werden in der, damals wie heute, üblichen Form die Argumente ausgetauscht und jeder Seite nocheinmal die Möglichkeit gegeben auf die Einwürfe der Gegenseite zu reagieren. Am Ende folgt die Beschreibung des Baugebietes und werden noch die zu erwartenden Auswirkungen auf den Fluß von den Sachverständigen geschildert. Diesem Gutachten wurde nun , zur besseren Übersicht , ein kolorierter Plan beigelegt. Dieses Bild zeigt den Ausschnitt der Flußlandschaft planartig auf . Die einzelnen Bauobjekte sind dann allerdings in der Ansicht gemalt , so daß des Ergebnis eher eine Mischung von Plan und Gemälde darstellt. Zur besseren Verdeutlichung sind die verschiedenen Häuser und Landmarkierungen durchnummeriert und am Rande in Form einer Legende beschrieben worden.
Bei der Beurteilung der dargestellten Objekte muß man sich aber den Zweck des Bildes vor Augen halten. Die Häuser und Ortsteile dienen nur der räumlichen Zuordnung der Mühle und sind deshalb in einer idealisierten Darstellung aufgeführt. Der Maler wählte als Aussichtsplattform wohl einen Punkt auf dem Galgenberg , jetzt Ludwigsberg .
Im Einzelnen sind ausgeführt:
Am Rande ein Teil des Marktes Kötzting mit 5 dargestellten Gebäuden
, wobei 4 davon sich offensichtlich in einer Ebene befinden und eines davon
um mindestens eine Geschoßhöhe tiefer liegt , was auch durch
die Darstellung des Geländes hervorgehoben wird. Gerade dieser Geländesprung
, der ja auch heute noch zu sehen ist , könnte an anderer Stelle noch
von Interesse sein , weil von unserer Seite aus vermutet wird , daß
an dieser Stelle sich ein Abwasserkanal befunden hat , der im Bereich der
Herrenstraße Mitte des 18. Jahrhunderts in den Felsen getrieben wurde
.
Im Anschluß daran die Anlage des Churfürstlichen Schlosses mitsamt der Pfarrkirche. Das Pflegerschloss selber wurde nicht gemalt. Deutlich sichtbar aber der damals noch vorhandene zweite Turm , daneben der Glockenturm der Kirche , noch mit der alten Dachform , die Pfarrkirche , die St. Anna Kapelle und die Mauer mit den Befestigungstürmen und den Wehranlagen. Gerade an der Darstellungsweise der Mauer sieht man die Absicht des Künstlers, schematisch den Sachverhalt darzustellen , da diese , eigentlich ringförmige , Mauer als kurzes , fast gerades , Stück dargestellt wird.
Außenherum ist dann der Schlossgraben dargestellt jetzt allerdings ringförmig und auch noch die Teile des Marktes umschließend . Hinter dem eher wulst- als grabenartig gemalten Schlossgraben läßt der Maler die Marktmühle und das Preuhaus herausschauen und noch ein nichtkoloriertes Gebäude , was wohl auch hier den Beginn des Marktes Kötzting zeigen soll.
Regenabwärts kommt nun die Marktpruck übern Regen und der Vormarkt und Heusl am Regen liegent". Dies ist der Bereich des jetzigen Spitalplatzes , und damals Ortsteil vor allem der Lederer und Färber.
Es schließen sich nun die verschiedenen Gewässer an ,
die der Maler aber, ungeachtet der wirklichen Breite, fast alle in derselben
Art gemalt hat. Es sind dies im einzelnen der völlige Fluß
des Weissen Regen , dann "zway Rinnsal so in Müllgraben flüssen
und der Müllpach , der übrigens im Gutachten abwechselnd
als der Gruber Mühl oder Kaitersbach bezeichnet wird. Über diese
Landschaft aus Fluß- und Bacharmen führen nun mehrere Brücken
, ein Regensteg dann ein PrukhStegel über den Armb . Bei dem
dritten Übergang heißt es in der Legende : Müllpruckh
, welche mehrers die gremain als der Müller genießt,
und im Plan selber ist vermerkt : Pruckh über den Millpach welche
miller Zuerhalten.
Flußabwärts nach dem zweiten Graben ist ein Schwellpamb vorgesehen , im Plan ist von der Mehrzahl die Rede , der erreichen soll , dass ihm die Plecher auf die Sag rinnen. An dieser Stelle wurden also mit einem quergespannten Baumstamm die angetriebenen Baumstämme aufgehalten und konnten dann einzeln den Mühlgraben hinauf zur Sagmühle gezogen werden.
In dem Dreieck zwischen Regen , Mühlgraben und Gruberbach ist eine Insel entstanden , und als des Sagmüllers aigenthümliche Wöhrwiesen benannt. Am linken unteren Ende des Bildes , an der Mündung des Gruberbaches ist Punkt (18) markiert . Hirher begehrt man die obige Sagmüll zu transferleren.
Am genauesten ist natürlich die Mühle selber dargestellt. Diese besteht aus zwei Gebäuden , der gemauerten Traidtmüll und der gezimmerten Sagmüll. Die Getreidemühle hat drei Mahlgänge und das, sogar mit einzelnen Sägezähnen , gemalte Sägegatter wird ebenfalls von einem unterschächtigem Mühlrad angetrieben. Das Wasser , das die insgesamt vier Mühlräder treibt , fließt auf dem im Bild noch dargestellten Ausschnitt in einer aufgesteltzen hölzernen Rinne.
Die weitere Umgebung des Bereichs ist nicht einmal in Ansätzen gemalt , die Fläche endet im Hintergrund mit einem willkürlichen Horizont.
Die Sachverständigen beschreiben den Ort des Neubaues an der Mündung des Gruberbaches und ergänzen :"als dan ain grosser Stain in dem burgerlichen Grundt ligt , an welchem der Hofmann die woerth sezen und anpauen will". Anstauversuche an diesem Ort bringen sehr schnell das Ergebnis , daß die vom Rat angeführten Argumente in keinster Weise stichhaltig sind und von Einschränkungen des Viehtriebs gar keine Rede sein könne weil die Auswirkungen möglicher Anstauungen gar nicht so weit den Regen hinauf wirksam sind. Aus diesem Grunde wurde der Markt verurteilt, dem Müller den Umbau zu gestatten und alle Kosten zu bestreiten.
Dies war im Jahre 1655 . Aus dem Jahre 1685 ist aber eine Beschwerde
des Müllers bei der Regierung in Straubing bekannt , in der er eine
eneute Verurteilung des Marktes Kötzting verlangt, da dieser die schuldigen
Zahlungen immer noch nicht geleistet hat. Diese Aufforderung durch die
Regierung erfolgt auch prompt und in den Rechnungsbänden des Marktes
Kötzting von 1685 und 1686, danach ist leider eine Lücke in den
Beständen , sind hektische Botengänge nach Straubing sowohl zum
Rechtsanwalt, dem
churfürstlichen Regimentsadvokaten Zimmermann , als auch zur
Entgegennahme des Bescheids von Seiten der Regierung. Die Zahlung, zu der
der Markt ja verurteilt worden ist , ist in den Bänden bis 1686 aber
nicht zu finden.
Die Sagmühle ist aber nicht umgesetzt, sondern offensichtlich
neuerbaut worden , da in den folgenden Jahren , zwar noch unter den gleichen
Besitzern, beide Sagmühlen beurkundet werden. Am 7. Dezember 1705
übergibt Paul Hofmann beide Mühlen an seinen Sohn Martin , dieser
war bereits Mitglied des Rats und Bürger , da er im Markt mit einem
büergerlichen Marktlehen begütert war. In den folgenden Jahren
, wir befinden uns in den unsicheren Zeiten des spanischen Erbfolgekrieges
, wechselt die Mühle mehrmals den Besitzer und kommt es zu Verkaufsanullierungen
, weil der gedachte Verkäufer das Geld nicht aufbringen kann. Ganz
sicher ab dem 15.09.1720 gehen die beiden Mühlen getrennte Wege .
Der Bäcker Peyerl Mathias, aus Stadt am Hof , hatte beide Mühlen
am 16.05.1714 um 2540 fl von Hofmann Martin gekauft. Sein Sohn , ebenfalls
Bürger und Bäcker aus Statt am Hof verkauft "des Hofmanns
herunder Sag sambt: dem Woerthl mit allem werchzeug " um 300 fl an
den Sterr Hans.
Bei einem späteren Verkauf im Jahre 1725 , Kosten 350 fl ,
wird diese Mühle mit :" die sogenannte Hofmannsche Schnaidtsaag
zwischen der Saagmuehl und Hammerschmidten derorthen entlegen" beschrieben.
In den folgenden 10 Jahren wurde die Mühle dann umgebaut ,
denn bei einer Verstifftung am 10.11.1735 wird die Mühle mit "die
Schnittsag unterhalb der Saagmühl mit zwei Schnittsaaggängen"
angeführt.Mit dieser Beschreibung findet sich diese Mühle
dann auch in den späteren Katasterbänden wieder.
Der Betreiber des Prozesses , Paulus Hofmann versammelt am 23.09.1707
Herrn Johann Märckhl , Herrn Joseph Martin Hueber und Herrn Hans Hofmann,
alle drei Cammerer, an seinem Sterbebett.
Er vermacht noch 100 fl aus der Restkaufsumme , die sein Sohn Martin
noch vom Kauf der Sagmühle schuldig ist , der Kirche.
Mit diesem Geld soll :" mir und meiner Seellentrosst und hilf
all jehrlichen und iedz Jahres besondert zur Zeit meines anfahlenden Hinscheidens
ain gesungener Jahrtag nebst ainer Heil: Mess gehalten werden."
Seiner nunmehrigen Ehefrau gibt er wieder ihr Heiratsgut heraus
und gibt noch fünf weiteren Zeugen den Handschlag , daß dies
":mein allerdings gemainter will und letzte disposition sei.
Kurz darauf ist Paulus Hofmann dann auch gestorben .