Die Häuser Altkötztings 

 Liste erstellt vom Arbeitskreis Heimatforschung in Kötzting
 


 
 

 

PLNR  51

 

                                    Januar 1999

                                        Kötztinger Häusergeschichte

                                Modehaus Schödlbauer (Rathausgasse 2)

Noch im Jahre 1811, als die meisten Markthäuser schon massiv gemauert waren, präsentierte sich das damalige Drechsleranwesen als unscheinbare von Grund auf gezimmerte Holzbehausung. Die Anwesenbesitzer waren in den früheren Jahrhunderten wenig an der Marktregierung beteiligt, aber sie übten über mehrere Generationen interessante, heute fast vergessene Berufe aus.
1746, als der Österreichische Erbfolgekrieg noch nicht zu Ende, aber von den Bayern schon verloren war, versprengte es einen abgedankten bayerischen Korporal, Jakob Schützmayr, nach Kötzting. 22 Jahre hatte er dem Kurhaus Bayern Kriegsdienste geleistet. In Braunau wurde er von den Österreichern gefangen genommen, entkam nach mehreren Fluchtversuchen und wurde zu Frankfurt vom kurzzeitigen bayerischen Kaiser Karl VII. (1742-45) mit drei Dukaten belobigt. Er versuchte sich als Lemoni-(Zitronen)händler und heiratete die Kötztinger Bürgerstochter Barbara Winter. Sie kauften sich das heutige Schödlbauer-Haus um 120 Gulden und wollten eine Fragne-rei betreiben (Handel mit Obst, Fisch, Käse, Salz, Kerzen, Seife usw.). Doch die Markträte ver-weigerten, obwohl die Stelle gerade frei geworden war, die Konzession. Als Schützmayr höheren Orts sein Recht suchte und an seinen treuen Soldatendienst erinnerte, verlieh ihm die Regierung zu Straubing die Fragnergerechtigkeit. Die Kötztinger Krämer aber machten ihm jahrelang sein Recht durch den Verkauf von Fragnerware streitig. Seine wiederholten Beschwerden und die ebenso häufigen Regierungsbefehle wurden von der Marktverwaltung nur widerwillig und halb-herzig erledigt. Als nach Jahrzehnten (1822) einem der nachfolgenden Hausbesitzer das Fragner-recht erteilt wurde, gestand der Magistrat allen Krämern ausdrücklich den Verkauf von Fragner-ware zu.
1813 konnte Sebastian Weinzierl ein weiteres Monopol für das Haus erwerben, „die fahrende Straubinger Botengerechtigkeit“. Nur er und die nachfolgenden Hausbesitzer durften einmal die Woche mit Pferd und Wagen Briefe, Pakete, Frachtgut und auch Reisende nach und von Strau-bing befördern. Erteilt wurde diese Konzession vom Magistrat im Benehmen mit dem königlich-bayeri-schen Oberpostamt nur an einen einzigen Kötztinger. Er mußte einen guten Leumund nachweisen, des Lesens und Schreibens kundig sein und eine beträchtliche Kaution hinterlegen (800 - 1000 Gulden).
 

Der Arbeitskreis Heimatforschung konnte folgende Besitzer ermitteln:
 
? Engl
 vor 1707 Pichelmayer Johann Kaspar und Katharina
 21. 10. 1707 Neudecker Adam, kaiserlicher Tabaküberreiter, und Maria
 15. 11. 1710 Eiweck Hans Georg, Schuhmacher, und Margaretha
 1710 Eiweck Margaretha, Witwe
 10. 1. 1748 Eiweck Anna Maria, Tochter
 25. 2. 1749 Schützmayr Jakob, Lemonihandler und Fragner von Burgweinting
  (2. 5. 1746 Heirat: Anna Barbara Winter)
 vor 1773 Schützmayr Anna Barbara
 3. 9. 1773 Auzinger Martha
 12. 1. 1787 Auzinger Josef, Weißbäckerssohn
 1. 9. 1801 Auzinger Paul, Drechsler
 1813 Weinzierl Sebastian, Straubinger Bote
 20. 11. 1822 Harfol Josef, Straubinger Bote und Fragner
 5. 8. 1828 Stoiber Johann, Straubinger Bote, Marktbote und Fragner
 1851 Neubau des Kellers (unter dem Haus und unter der Straße)
                                                                                                               Ludwig Baumann, Clemens Pongratz
 
 


 
 

 

PLNR  52

 
 

                                    Februar 1999

                                        Kötztinger Häusergeschichte

                                        Meidinger (Marktstraße 14)

Die Besitzer des Hauses an der Ecke Markt-/Müllerstraße übten im 17., 18. und 19. Jahrhundert interessante und einflußreiche Berufe aus.
1823 konnte der Bader Johann Robl die Badergerechtigkeit (Konzession zur selbständigen Aus-übung des Gewerbes) vom Oexler-Haus („Bader“) in der Herrenstraße auf das heutige Meidinger-Anwesen herüberkaufen. Damit setzten er und seine Nachfolger eine Tradition fort, die schon im Marktrechtsbrief von 1344 verankert ist. Das Berufsbild hatte sich allerdings verändert: vom Betrei-ber einer Badstube zum Wundarzt, „Chirurgen“, Barbier und Haarscherer. Nur zwei Hausbesitzer konnten  gemäß den Bestimmungen von 1344 der Baderei nachgehen, so die Rechts-lage bis weit ins vorige Jahrundert herauf.
Vorher, über einen langen Zeitraum hinweg, waren die Hausinhaber als Gerichts- und Marktpro-kuratoren tätig. Der Beruf entspricht in etwa dem heutigen Anwalt. Sie leisteten den Bürgern Rechtsbeistand im Rathaus und der umliegenden Bevölkerung im Landgericht (bei Hausübergaben und sonstigen Verbriefungen, Streitfällen und Strafsachen). Zwei Prokuratoren amteten in Kötzting. Wie sie zu ihrer Position kamen, erfahren wir an der Familie Magerer.
1767 geht Jo-hann Christoph Magerer in den Ruhestand. Sein Sohn Kajetan, Gerichtsoberschreiber im Kötztinger Landgericht, schickt an das Rentamt Straubing eine Bewerbung um des Vaters Stelle. Nach einem „rigorosen Examen“ wird er als Kötztinger Prokurator zugelassen. Allerdings mit  diesen Auflagen: Er muß seinem Vater für ein Jahr die Diensteinkünfte überlassen, hat ihm anschließend jährlich 25 Gulden „Absent“ (Abschiedsgeld) und die Kost zu reichen. Ein Vierteljahr später wird durch Tod die Marktschreiberstelle frei. Kajetan Magerer bewirbt sich, das Rentamt (nicht die Marktverwaltung!) stellt ihn ein. Der freie Prokuratorenposten wird jetzt der Schwester Magerers, Maria Anna, angetragen. Sie muß allerdings „ein taugliches Subjectum vorschlagen“. Auf deutsch: Sie hat einen rechtsgelehrten Mann zu heiraten, der als Prokurator geeignet ist. Da sie „dermalen noch nicht mit einem tauglichen Subjectum versehen“ ist, bittet sie um zeitlichen Aufschub. Nach zwei Jahren endlich kann sie heiraten. Der passende Mann hat sich gefunden: Lorenz Stoiber, Sohn des Chorregenten von Frontenhausen. Er wird Procurator in Kötzting und verdient sich als Hofmarksverwalter von Hohenwarth, Kolmstein und Bayerisch Eisenstein ein Zubrot.

Der Arbeitskreis Heimatforschung konnte folgende Hausbesitzer ermitteln:
 1698 Engl Johann Balthasar, Gerichtsprokurator, und Maria Magdalena
 29. 11. 1706 König Maria Magdalena
 29. 12. 1706 Hofmann Wolf, Schneider (Heirat: König Maria Magdalena)
 ? Schwarz Anna Maria
 11. 2. 1735 Magerer Johann Christoph, kurfürstlicher Gerichts- und Markt-   prokurator, aus Blaibach (20. 5. 1733 Heirat: Schwarz Anna Ka-   tharina)
 17. 11. 1773 Stoiber Maria Anna (Tochter des Magerer Johann Christoph)
  Stoiber Lorenz, Gerichts- und Marktprokurator, aus Frontenhausen   (12. 6. 1769 Heirat: Magerer Maria Anna)
 1806 Hinterholzer Maria Susanna, Bäckerin, aus Frontenhausen (Schwe--  ster des Lorenz Stoiber + 18. 5. 1806)
 2. 6. 1806 Fabrici Johann Baptist, Handelsmann (Besitzer: Marktstr. 18)
 28. 8. 1808 Magerer Franziska, Tochter des Marktschreibers Kajetan Magerer)
  Windorfer Josef, Handelsmann (4. 9. 1808 Heirat: Magerer Fran-   ziska, zugleich Besitzerin: Marktstr. 18)
 9. 1. 1823 Robl Johann, Bader
 7. 11. 1853 Robl Johann jun., Bader
 24. 10. 1861 Robl Mathias, Bader
 

Heirats-Lizenz vom 16. 11. 1767 für Georg Cajetan Magerer.
Die Marktschreiber und Prokuratoren (Rechtsanwälte) wurden damals vom Rentamt (Regierung) angestellt. Wenn diese Beamten heiraten wollten, mußten sie um die Erlaubnis eingeben.
Text: Signatur. / An Georg Cajetan Magerer Markt- / schreiber zu Közting.
Von dissohrtig Churfürstl. Rentamtswegen / will man obigen Magerer die unter- / thä-nig erbettene Heuraths licenz, sich / dessen intento [Wunsch] gemess verEhelichen zu / dürffen, in kraft diß ertheillet haben. / Welches ihme zur Nachricht, und allenfallsiger / legitimation hiemit bedeuttet würd.
Signatum [besiegelt] den 16. 9ber [November] Anno 1767.
Churfürstl. Rentamt / Straubing
Franz Xaver Freyherr / von Lerchenfeld mpa (manu propria = mit eigener Hand).
 

                                                                                                                        Ludwig Baumann, Clemens Pongratz


 
 

 

PLNR  53

 
 
 
 

                                    März 1999

                                    Kötztinger Häusergeschichte

                                    Aschenbrenner (Müllerstraße 1)

Hausnummern sind eine Erfindung erst des 19. Jahrhunderts. Wenn vorher Übergaben oder Ver-käufe in den Briefprotokollen beurkundet wurden, behalf sich der Marktschreiber mit umständlichen Umschreibungen, wie „die Behausung zwischen N. und N.“. Oder er gab nur den Namen des Haus-besitzers an, was die heutige Hausforschung ziemlich erschwert – auch früher trugen mehrere Famili-en den gleichen Namen. Hin und wieder aber finden sich in den Protokollen interessante Orts-angaben. Mit „Haus am Pichel“ wird das heutige Aschenbrenner-Haus im Jahre 1661 und auch noch in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts näher gekennzeichnet. Am Pichel, das ist zu übersetzen mit „an der Anhöhe“. Und die benachbarte, noch etwas höher liegende Metzgerei Ritzenberger hatte damals ein Georg Billich „auf dem Pichl“ inne. Die angestammten Kötztinger kennen das An-wesen als „Weiß auf der Höh“. Da hat sich ein uralter Flurname bis heute erhalten.
Die Nr. 1 in der Müllerstraße war ein sogenanntes Leerhaus, außer einem Gärtchen hatte es ur-sprünglich keine landwirtschaftlichen Gründe. Die Hausbesitzer standen nicht in der Reihe der ange-sehenen und tonangebenden Marktlehner. Handwerker waren dort daheim, Sattler und Riemer, Schreiner, Kufner.
Auch wie vor 300 Jahren verwandtschaftliche Konflikte ausgetragen wurden, erzählt uns die Hausgeschichte. Nachdem ein Schreiner aus der Schirgengasse gegen Nachbarn und wohl auch zu-hause randaliert hatte, flüchtete seine junge Frau mit dem Kind zu ihren Verwandten, den Sattlers-leuten Dorsch im heutigen Hause Aschenbrenner. Der Schreiner rannte ihr nach und forderte die Herausgabe des Kindes. Als ihm der Dorsch vom Fenster aus zurief, er, der schlimme Hund, soll Weib und Kind so halten, daß sie zu Hause bleiben können, schalt ihn der Schreiner mit Schelm, Dieb, Maus-kopf, Bernhüter, Almosenfresser, Hundsfott. Dann warf er mit Holzscheitln und Prügeln drei Fenster ein und sprengte die Haustür entzwei. Das Gezänk kam vor den Marktrat. Der nahm die Sache zu Protokoll, schätzte sie als schwerwiegend ein und gab sie, was selten vorkam, an die Regie-rung in Straubing zur weiteren Verhandlung ab.

Der Arbeitskreis Heimatforschung konnte folgende Hausbesitzer ermitteln:
 

1631 Dorsch Georg, Sattler
 um 1673 Präntl Georg
 1686 Immerl Veit, Schreiner (20. 6. 1679 Heirat)
 vor 1723 Immerl Margaretha, Witwe, und Fürst Maria Regina, Malerin in   Neukirchen
 5. 8. 1723 Klinger Philipp, Schreiner aus Lam, und Anna Maria
 vor 1761 Mitterlehner Katharina und Klinger Franziska, Töchter, beide    wohnhaft in Mähring bei Wien
 4. 6. 1761 Dirnberger Johann Adam, Kufner
 vor 1811 Korherr Michael (Heirat: Dirnberger Katharina)
 vor 1836 Korherr Katharina und Maria
 9. 2. 1836 Futscher Franz, Riemermeister aus Ruhmannsfelden (10. 2. 1836    Heirat: Korherr Katharina)
 ? Futscher Franz Michael, Riemer
                                                                                           Ludwig Baumann, Clemens Pongratz
 


 
 

 

PLNR  54

 
 

                                        April 1999

                                        Kötztinger Häusergeschichte

                                        Barthmetzger (Müllerstraße 3)

In den alten Briefprotokollen, in denen der Marktschreiber die Übergaben und Verkäufe von Im-mobilien beurkundete, wird auch das „Barthmetzgerhaus“ wie seine Nachbarn als „Häusl am Pichel“ (an der Anhöhe) gekennzeichnet. Diese sechs Häuser zwischen Rathausgasse und Müllerstraße gal-ten als „Leerhäuser“ (ohne landwirtschaftliche Grundstücke).
In der Müllerstraße 3 wurden bürgerliche Berufe ausgeübt: Schuhmacher, Melber (Mehlhändler), Leineweber, Metzger. Die Metzgerei brachte erst Stephan Dimpfl im Jahre 1830 auf das Haus. Da-mals hatte er das Anwesen eingetauscht. Die Metzgergerechtigkeit (Konzession) hatte er zwei Jahre zuvor durch den Kauf des Anwesens Brandstraße 12 erworben.
Geschlachtet und das Fleisch feilgeboten wurde nicht im Haus, sondern in der markteigenen Fleischbank in der Metzstraße. Die Viehhäute und Felle wollte Dimpfl zum Trocknen auf seinem Dachboden aufhängen. Da der für diesen Zweck zu niedrig war („man kann nur schliefen“), reichte er schon ein halbes Jahr nach dem Einzug  einen Bauplan zur Erhöhung des Dachgeschosses ein. Dagegen legten die unmittelbaren Nachbarn Beschwerde ein. Begründung: Das Licht wird ihnen verbaut. Nach einem Lokaltermin genehmigte der Magistrat trotz der nachbarlichen Einwände das Bauvorhaben. Der Vorgang verrät uns Details über die Bauweise, wie sie noch vor 170 Jahren in Kötzting üblich war (siehe Plan):
Das an den Hang gebaute Haus war im Untergeschoß gemauert. Der erste Stock, von außen zu-gänglich, war gezimmert. Mit Rücksicht auf die Nachbarn mußte das Dach statt der bisherigen Leg-schindeln mit Schneidschindeln gedeckt werden. So konnten die Dachvorschüsse auf einen Schuh (30 Zentimeter) verkürzt werden. Die Schneidschindeln leisteten nach Meinung der Marktverwaltung auch einen Beitrag zur Ortsverschönerung. Der weitere Antrag Dimpfls, bei seiner Düngerstätte ge-genüber dem Haus ein neues „Sekret“ (Abort) aus Holz bauen zu dürfen, wurde abgelehnt: „Ein Sekret, so öffentlich hingestellt, erzeugt keine Annehmlichkeit, sondern läuft dem öffentlichen An-stand zuwider und ist höchst unangenehm für die Augen sowohl als für die Nase.“

Der Arbeitskreis Heimatforschung konnte folgende Hausbesitzer ermitteln:

 1650 Diemer Katharina
 11. 4. 1651 Präntl Georg, Schuhmacher, und Katharina
 1699 Lärnbecher Barbara, Witwe
 6. 10. 1705 Kopp Ander und Magdalena
 18. 1. 1724 Kopp Thomas (oder Wilhelm)
 1739 Kopp Ander, Melber (Mehlhändler)
 9. 6. 1750 Dattler Max, Fluderknecht, Melber, Leineweber (ab 1757), und Anna   Maria geb. Kopp
 9. 5. 1772 Dadler Johann, Leineweber
 8. 11. 1800 Sterr Mathias, Weber, und Anna Maria geb. Dadler
 vor 1830 Riemer Johann
 26. 6. 1830 Dimpfl Stephan, Metzger (Haus gegen Brandstr. 12 eingetauscht)
 28. 6. 1849 Dimpfl Joseph, Metzger
                                                                                           Ludwig Baumann, Clemens Pongratz

Plan zur Aufstockung des Metzgerhauses Müllerstraße 3 vom Jah-re 1830. Der Hangbau ist im Erdgeschoß gemauert, im ersten Stock gezimmert. Vor 170 Jahren war wie hier noch in mehreren Kötztinger Häusern die ummauerte „Rußkuchel“ üblich.