Die Häuser AltkötztingsListe erstellt vom Arbeitskreis Heimatforschung in Kötzting |
PLNR 39 |
Bis zur einschneidenden Reform der Behördenorganisation in Bayern
unter Montgelas übte die Kötztinger Marktverwaltung die sog.
freiwillige Gerichtsbarkeit aus. Hausübergaben wurden im Rathaus verbrieft
und in den „Briefprotokollen“ schriftlich festgehalten. 1807 übernahm
diese Aufgabe das Landgericht, ab 1861 das Notariat. Damit verlor der Markt
jahrhundertelang ausge-übte Machtbefugnisse und ein saftiges Einkommen
an Gebühren.
Eine Übergabe im Hause Achtler soll dies illustrieren.
Termin im Rathaus am 28. Januar 1750. Vor Cammerer (Bürgermeister)
und Rat, erscheinen Ander Pürzer, seine Tochter Maria Theresia mit
dem frisch angetrauten Ehemann Joseph Räbl und ihrem Rechtsbeistand,
dem Pfleggerichtsprokurator Christoph Mager. Nach mündlichen Er-klärungen
und Verhandlungen hält der im Rechtswesen ausgebildete Marktschreiber
protokolla-risch fest, daß der Witwer und Fleischhacker Pürzer
der Tochter folgendes um 750 fl (Gulden) übergibt: die Marktlehensbehausung
samt Fleischbank– und Metzgergerechtigkeit, eine Kuh, zwei Kalben, vier
Schafe, die Betten und andere Leinwand, ein Grundstück der Goldhaufem
genannt, Zinn– und Kupfergeschirr. Der Leibtümer nimmt sich „den Tisch
mit der Übernehmerin ad dies vitae“ aus (freie Kost auf Lebenszeit
im Kreis der jungen Familie). Von den bedungenen 750 fl be-kommt er 210
fl sofort bar auf die Hand, 95 fl sind an Schulden zu übernehmen,
40 fl bekommen die Kinder der zweiten Ehe, 110 fl darf die Übernehmerin
für sich abziehen und der Rest muß ihm in jährlichen Raten
von 20 fl ausbezahlt werden.
Sofort nach der Übergabe lassen die Räblschen Eheleute vor
dem Rat einen Heiratsvertrag ausfertigen. Auch der wird ins Briefprotokollbuch
eingetragen. Er bringt 240 fl auf das Haus, sie läßt ihm das
Anwesen überschreiben. Noch etwas wird im gleichen Aufwasch erledigt:
Der junge Hausbesitzer bestätigt dem Bürgerspital die Übernahme
der auf dem Haus lastenden Schulden. Insgesamt haben die Räbl für
die drei Rechtsgeschäfte an Gebühren 25 Gulden 7 ½ Kreuzer
zu berappen. Das entspricht dem Wert einer Kuh. Ein großes Stück
von diesem Kuchen, dürfen sich die Räte mitsamt dem Marktschreiber
abschneiden, nämlich 10 fl 24 x. Der Betrag fließt ganz nach
Recht und Ordnung in ihren privaten Geldbeutel.
Ludwig Baumann, Clemens Pongratz