Die Struktur Kötztings nach der Aufteilung der Urhöfe:
Da die schriftlichen Quellen über Kötzting in den verschiedenen
Archiven in der Mehrzahl mit der Neuzeit einsetzen, kann man leicht den
Eindruck erhalten, die Struktur und Verteilung der Anwesen wäre über
all die Zeit die gleiche gewesen. Es gibt aber einige Hinweise, die in
manchen Fällen auf eine andere Häuserverteilung vermuten lassen.
Vorab muss aber zum besseren Verständnis die Struktur der Kötztinger
Einwohner beschrieben werden. Abgeleitet vom Besitz an Grund und Boden
und damit abgestuft in den Rechten und Pflichten finden sich in Kötzting
· Marktlehner
· Söldner
· Häusler
· Inwohner
Schon im niederbayrischen Herzogsurbar (kurz nach
1301) ist Kötzting als Markt bezeich-net und aufgeführt mit 36
Lehen und 10 Sölden. In den Vorläuferbänden der Urbarien
(1231 und 1237) ist noch von keinem Marktrecht die Rede, so dass, laut
Piendl , von der Markt-rechtsverleihung um 1255, nach der ersten Landesteilung,
ausgegangen werden kann. Wenn Kötzting 1255 bereits groß genug
und würdig war, ein Markt zu werden, dann kann man mit Sicherheit
davon ausgehen, dass die Aufteilung der Urhöfe in die verschiedenen
Anwesen schon lange zurück lag und Kötzting bereits eine zentrale
Funktion für die Umgebung einge-nommen hat. Dies gilt umso mehr, als
ja bereits 1179 den Kötztingern eine Kirche beglaubigt wird.
Die historische Entwicklung und Ausbreitung des Ortes lässt sich nun
anhand vieler schriftlicher Quellen belegen. Diese Quellen lassen
auch Rückschlüsse und Vermutungen auf die Lage der vier Urhöfe
zu.
Im Marktrechtsprivileg Kaiser Ludwig des Bayern vom 11. November 1344
heißt es unter anderem: Von erst wan der Markt getheilt ist von dreu
Höfen zu 36 Burglehen und in 12 Söl-den, wollen wür, wer
der Lehen eines mer oder minder inn hat, der soll arbeiten all die Ar-beit,
die den Markt angehört mit Fludern, Fleischwerken, mit Pachen, mit
Schenken, mit Ga-stung und mit anderer Arbeit und Handwerken.
Aus dieser Anfangszeit stammt also die Aufteilung in 36 Marktlehen,
10 (an anderer Stelle 12) Sölden und 20 Teile. Dass diese sogenannten
"Teile" in Wirklichkeit die späteren Leer-häuser darstellen,
kann später belegt werden.
Was war nun das Besondere an diesen unterschiedlichen Anwesen ?
Die Marktlehner waren gewissermaßen die Oberschicht in Kötzting.
Ausgestattet mit allen Rechten, die das Marktprivileg erlaubte, einschließlich
des uneingeschränkten Brau- und Schankrechtes. Das heißt in
Kötzting hatten Besitzer von 36 Marktlehen und nur diese die
Erlaubnis im Kommunbräuhaus brauen zu lassen, ein Wirtshaus zu betreiben
und sie nutzen dies auch weidlich. Die Söldner hatten dieses Braurecht
nur eingeschränkt, das heißt, sie durf-ten nur festgelegte Mengen
brauen (1 Sud pro Jahr) und dieses Bier auch nicht ausschenken. Die (Leer)Häusler
hatten weder Brau- noch Schankrecht, und nur wenn einer dieser Bewoh-ner
eine Handwerksgerechtigkeit besaß, so durfte er seinen Beruf in diesem
Haus ausüben. Noch schlechter gestellt waren die Inwohner, die am
besten als Mieter zu verstehen sind. Zu diesen Inwohnern waren auch die
Alteigentümer nach der Übergabe zu rechnen.
Am unteren Ende dieser abgestuften Rechtsskala standen die Knechte,
Mägde und Kinder.
Außerhalb dieser Ordnung, aber mit ihren Rechten am ehesten mit
den Inwohnern zu verglei-chen, waren dann noch die Bewohner, die man heute
als Beamte und Angestellte bezeichnen würde, also zum Beispiel die
Angestellten des Pfleggerichts, der Messner, die Klosterherren (ab 1636),
um nur einige zu nennen.
Die Marktlehner und Söldner konnten auch Grundstücksverkäufe
an Inwohner und Häusler verhindern oder einen bereits erfolgten Verkauf
nachträglich zu ihren Gunsten rückgängig machen, sie hatten
ein Einstandsrecht und übten dieses auch regelmäßig aus..
Sogar die Vieh-haltung war bei den Häuslern stark eingeschränkt,
teilweise ausdrücklich verboten. Dies hatte seinen Grund vor allem
in den sehr stark begrenzten Weideflächen, die den Kötztingern
zu Verfügung standen. Das Alleinehüten der eigenen Tiere war
unter strenger Strafe gestellt und wurde auch regelmäßig bestraft.
Nachdem die persönliche wirtschaftliche Stellung auch den Sitz
im Magistrat und in den Aus-schüssen beeinflusste, waren die
Marktlehner dort sehr stark überrepräsentiert.
Wo lagen nun die Marktlehen, Sölden und Häuser? Wie aus Plan
(1) und zu ersehen ist sind die Marktlehen insbesondere im oberen Markt
versammelt. Davon abweichend war auch noch der sogenannte Gschwandhof (heute
TCM-Klinik Hnr 91) ein Marktlehen. Zwei weitere Marktlehen (Hnr 71 und
72) lagen vor der Oberberger Brücke auf dem Spitalplatz. Die Ham-mermühle
(Hnr 89) und das Eckhaus an der Herrenstraße, das heute das Kaufhaus
Gartner beherbergt (Hnr 96), waren auch noch Sölden. Es gibt
einen Hinweis, dass das Mesnerhaus einmal ein Marktlehen gewesen ist (Hnr
97). Auch die Metzgerei Ritzenberger, beim "Weiß auf der Höhe"
(Hnr 48), wird als Marktlehen ausgewiesen. Es bleibt aber das grundsätzliche
Bild, dass der obere Markt vor allem aus Marktlehen gebildet wurde, und
der Bereich unter-halb des alten Rathauses hauptsächlich aus Leerhäusern
bestand.(Plan (2))
Die Salbücher des Klosters Rott beginnen Anfang des 15. Jahrhunderts
und führen in einer festen Reihenfolge, die von Band zu Band beibehalten
wurde, die Besitzer der Marktlehen und Sölden auf. In manchen Bänden
an diese Marktlehen anschließend, in anderen eingefügt in die
Liste, folgen die sogenannten Teile, später (Leer)Häuser genannt.
Im Marktsprivileg Kaiser Ludwigs des Bayern vom 11.11.1344 heißt
es weiter dazu:
So ist ein Hof getheilt in 20 Theil in dem Markt, und derselben Theill
einen
oder mer soll kein Man nit haben, er habe dan ein Burglehen.
Max Piendl vermutet, dass diese Teile aus einem Hof in Grub entstanden
sein könnten . In späteren Jahren wurde tatsächlich der
sogenannte Gruberhof vom Magistrat aufgekauft, das Hofgebäude vermietet
und die Grundstücke anteilig auf die Grundbesitzer des Marktes ver-teilt,
ohne dass diese Grundstücke fest an Häuser gebunden wurden. Diese
Gruberhofanteile wurden bei jedem Hausverkauf in Kötzting in den Beurkundungen
einzeln aufgeführt. Wie sich an anderer Stelle erweisen wird, sind
es die, bis zum 15. Jahrhundert "Teile" genannten Anwesen, die in
späteren Listen als "Häuser" aufgeführt werden und sie liegen
inmitten Kötz-tings. Aus diesem Grund, und weil der Schriftwechsel,
der zur Aufteilung des Gruberhofes geführt hat, teilweise noch vorliegt,
kann diese Möglichkeit ausgeschlossen werden, dass der vierte Urhof
in Grub gelegen ist.
Wie könnte man sich also das Bild des alten Kötztings nach
der Aufteilung der Urhöfe vor-stellen. Im wesentlichen wird es die
Bebauung zwischen dem oberen Markt und der Kirchen-burg gewesen sein, also
nur die 36 Marktlehen, 12 Sölden und 20 Häuser, auch wenn die
Stückzahlen vielleicht geschwankt haben.. In einem Brief , gekennzeichnet
als aus dem Jahre 1460, in Wirklichkeit aber wohl erst nach 1470
geschrieben, bringen die Kötztinger Bürger ihre Sorgen an, die
durch den Bau des von Herzog Albrecht geforderten Bollwerks entstanden
waren. Sie schreiben unter anderem an das Kloster Rott:
Auch bringen wir Euer Gnaden an und dem wirdigen Convent, dass um den
Kirchhof abge-brochen sind bey zwelf Heuser, da wir Abganck haben, Wacht
Steuer und Manschaft von des Gepeus wegen.
Das heißt, dass von den 20 Häusern, die aus dem vierten
Urhof enstanden waren, allein zwölf um den Kirchhof herum errichtet
waren. Nach deren Abriss dürften wohl die ersten gestreuten Ansiedlungen
der Leerhäuser in den Bereichen vorm oberen Tor, am Pfeffergraben
und im Bereich des Spitalplatzes entstanden sein. In Plan (3) sind 12 Häuser
im Bereich des äußeren Ringes der heutigen Kirchenburg plaziert,
um zu verdeutlichen, dass der Platz für 12 Häuser auch wirklich
ausreichend war, ohne dass die genauen Orte belegt werden.
Kötzting in der Neuzeit
Nach diesem Einschnitt aus der Zeit um 1470, als diese Häuserzeile
abgerissen worden war die Grundstruktur Kötztings angelegt
und blieb auch so all die Jahrhunderte hindurch bis zum großen Marktbrand
1867. Der Bau dieses Bollwerks , so beklagten sich die Kötztinger
in demselben Schreiben, nahm einen Platz von 8 1/2 Lehen ein, welcher Flächenverlust
für den Markt auch einen Einnahmeverlust mitsichbrachte.
Was sich änderte, und auch dies nur langsam, waren die äußeren
Randbereiche. Sicherlich sind die Bewohner der abgerissenen Häuser
an anderen, am Rande des Ortes gelegenen, Stel-len entschädigt worden.
Dies lag schon im ureigensten Interesse des Marktes, da ja mit jedem Bürger,
auch Leerhäusler waren Bürger, Einnahmen verbunden waren. Der
Bereich vor dem oberen Tor und vor der Oberbergerbrücke auf dem Spitalplatz
scheinen die ersten "Neubau-gebiete" Kötztings gewesen zu sein, da
wir von einigen Häusern aus diesen Bereichen sogar
die ungefähre Bauzeit kennen. In den Briefprotokollen 1655 und 1656
sind diese beiden Orts-teile (Spitalplatz und Torplatz, nach heutigem Sprachgebrauch)
bereits mit Häusern bebaut später sind dann die "Neubauten"
auf den sogenannten Pfeffergraben konzentriert. Als Bei-spiel kann hier
die Ausweisung eines Bauplatzes neben der Wuhn für einen Neubau
des Mi-chael Juglreither dienen, der 1672 für ein Grundstück
zunegst der Wuhn für ein Heusl 66fl zahlte(Hnr 121). Dieser
historische Bereich "Pfeffergraben" ist mit der heutigen Strasse na-mens
Pfeffergraben aber nicht deckungsgleich. Der untere Bereich der heutigen
Holzapfel-strasse wurde damals Pfeffergraben genannt. Der Pfeffergraben
der Gegenwart war damals noch ohne Wohnbebauung.
Auch die Bebauung im unteren Markt war gänzlich anders strukturiert,
als man es heute kennt. Plan (4) verdeutlicht dies. Beim Drunkenpolzhaus
und dem Spital (Hnr 123 und 124) endete die Marktgasse und drehte in die
Herrengasse, hin zur Pfarrkirche. Im unteren Markt konnten die Fuhrleute
also anders als heute nicht gerade aus dem Markt hinausfahren; die Fuhrwerke
mussten an der Kirchenburg vorbei fahren. Dort, wo jetzt die Marktstraße
in gera-der Linie bis zur Bahnhofstraße reicht, stand damals, aus
der jetzigen Sicht mitten in der Stra-ße, auf der Höhe des Anwesens
Schötz, die Wuhn (Hnr 119) Die Wuhn war eine alte Braue-rei, möglicherweise
sogar die älteste Brauerei Kötztings. Die Wuhn, früher sogar
ein Marktle-hen kam zu Anfang des 17. Jahrhunderts in den Besitz
des Marktes Kötzting , welcher das Haus in zwei Hälften teilte
und jede einzeln verstiftete Die Bewohner der Wuhn hatten zu dieser
Zeit den Status als Inwohner und damit nur eingeschränkte Rechte in
der Gemein-schaft. Der Markt blieb bis zur Verwaltungsreform zu Beginn
des 19. Jahrhunderts im Besitz der Wuhn. Wie viele andere Gebäude
und Grundstücke im Besitz des Marktes so musste auch die Wuhn
versteigert werden. Andere Häuser, die damals versteigert wurden,
heute wür-de man von Privatisierung sprechen, waren z.B. die Fleischbank
(Hnr 24) das zentrale Schlacht und Verkaufshaus der Kötztinger Metzger
und die Herrensäge (Hnr88) heute der Lindnerbräu
Somit stehen im unteren Markt, herein bis in die Zeit vor dem großen
Marktbrand, nur die drei Häuser vom Greiner bis Schuhhaus Liebl (Hnr
102-105) Am 14. Februar 1804 wurde das Eckhauses geteilt, seit daher
also 4 Häuser an dieser Stelle. Die Wuhn (Hnr.119) und zu-rückgesetzt
zum Pfeffergraben hin das Spital(Hnr. 123) schlossen den Markt ab. Im heutigen
Pfeffergraben selber stehen zu dieser Zeit nur noch zwei sehr kleine
Häuser auf der hangab-wärts zeigenden Seite. Den Abschluss der
Gasse bildete der Schlosser Haas und, freistehend, im Schlossgarten hatte
der Schlossgärtner sein Haus (Hnr116). Dieser Ablauf der Entwick-lung,
nämlich einerseits ein unveränderter Ortskern und andererseits
eine sehr allmähliche Ausweitung der Häuserbebauung am Rande
prägte das Bild Kötztings über Jahrhunderte.
Es ist zu vermuten, dass solch ein Wachstum in vielen anderen Orten
Bayerns in dieser Zeit nach demselben Muster abgelaufen war. Nach einer
Brandkatastrophe oder kriegerischen Einwirkungen wurden die Anwesen an
denselben Stellen wieder aufgebaut und erhöhten sich nicht in der
Zahl. In einigen wenigen Fällen wurden Anwesen zertrümmert und
so entstanden wohl die einzelnen Leerhäuser, die zwischen einigen
Marktlehen eingestreut sind.
Hinter der Marktbefestigung, dem Graben und dem anschließendem
Bollwerk, folgten Nutz-flächen, Schupfen und Gärten. Zwischen
diesen und noch vor den Wirtschaftgebäuden verlief dann eine kleine
Gasse. Auf Plan (6) ist diese Bollburggasse skizzenartig eingezeichnet
.
Diese Gasse begann hinter der Drunkenpolzschmiede (Tabak Liebl Hnr
124 ) und verlief bis zum Torplatz herauf. (jetzt Schmiede Kuglmeier).
Kötzting im 19. Jahrhundert
Einsetzend nach 1803 und vor allem beschleunigt durch den großen Marktbrand 1867, begann Kötzting sein Gesicht zu verändern. Die Bebauung griff auf die jetzige Bahnhofstraße über, die beiden Brandschneisen in der Metz und Schirnstraße wurden geschlagen bzw. die Wie-dererrichtung der abgebrannten Marktlehen verhindert. Im Anschluss daran entstand die Geh-ringstraße, zuerst nur die untere Hälfte bis zur einbiegenden Metzstrasse, zu Ende des 19. Jahrhunderts und zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstand dann die Verbindung zum Torplatz. In der Holzapfelstraße wurden nun die verschiedenen Sommerkeller gebaut, dann folgten Schankgelegenheiten und Kegelbahnen und den Abschluss bildete dann auch dort eine Wohnbebauung. In einer ähnlichen Reihenfolge erfolgte auch die Ansiedlung in der Pfingst-reiterstraße, der Jahnstraße und der Bahnhofstraße. In diese Zeit hinein fällt auch die Aufsto-ckung der Häuser, von denen die meisten nur eingädig gemauert waren. Dies bedeutet, dass die meisten Häuser über ein gemauertes Erdgeschoss verfügten. Der hölzerne Aufbau, manchmal mit einem Kniestock, ist gut an den Ausbauplänen im oberen Markt beim Haus (Hnr15) der Familie Fleischmann zu sehen, weil hier der Zustand vor und nach der Erhöhung angegeben ist.
Ansicht vor und nach dem Ausbau des ersten Stockwerkes
Hnr 15 vom 16.Februar 1892 , Besitzer Jakob Rabl
Die meisten Häuser im Markt dürften wohl vor dem Stadtbrand
diesem Typ entsprochen ha-ben, wie er hier als Altansicht angegeben wurde.
Zu Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Bahnhofstraße dann beidseitig
bebaut. Auch die obere Marktstraße in ihrem weiteren Verlauf zum
Torplatz hinaus wurde an einen anderen Ort verlegt. Die Schmiede beim oberen
Tor, heute Schmiede Kuglmeier, lag vorher an anderer Stelle, das Chamauer
Tor, das obere Tor des Kötztinger Marktes wurde abgerissen und die
Straße um eine Hausbreite verlegt.. Die Reste des Chamauer Tores
wurden beim Neubau des Fachmarktcenters Wanninger gefun-den.
Da auch die Anwesen im unteren Markt und im Pfeffergraben 1867 dem
Feuerwalze zum Opfer gefallen waren, wurde auch hier bei der Neubebauung
auf die Entstehung von Feuer-schneisen geachtet. Im Plan 4 des unteren
Marktes wurden zur besseren Verdeutlichung der Wohnbebauung alle Nutzgebäude
wie Scheunen, Stadel und Schupfen weggelassen. Die Ver-teilung der "brennbaren"
Gebäude war dort und auch im Pfeffergraben also nicht so locker, wie
es auf dem Plan den Anschein hat. Durch die hölzernen Wirtschaftsgebäude
war dieser ganze Bereich eng gepackt und so konnte sich die Feuerwalze
bis dorthin ausbreiten. Durch den Neuaufbau entstanden die untere Marktstraße
und der Pfeffergraben in der heutigen Form. Es dauerte allerdings bis weit
in das 20. Jahrhundert herein bis all die Häuser erbaut waren, die
wir heute dort vorfinden.
Die im Staatsarchiv Landshut vorhandenen Baugenehmigungen und Baupläne
zeichnen ein schönes Bild der schrittweisen Erschließung all
der neuen Straßen. Mit all diesen Abänderung nach dem Marktbrand
entstanden die Hauptstraßen im Kern Kötztings, so wie wir sie
heute kennen. Auf der Homepage des Arbeitskreises Heimatforschung Kötzting
können einige der Baupläne und Skizzen betrachtet werden.
Die Internetadresse ist http://home.t-online.de/home/Clemens.Pongratz/.
Auch nähere Details über die Besitzer einzelner Häuser können
dort abgefragt werden
Die Urhöfe Kötztings
In den alten Salbüchern des Klosters Rott sind die Besitzer der
Anwesen einzeln aufgeführt. Dazu ist es wichtig zu wissen, dass in
der Regel die Reihenfolge der einzelnen Häuser beibe-halten wurde,
wenn von einem Band auf den nächsten der Übertrag erfolgte, was
die Kontrol-le der Zahlungen in der Vergangenheit erleichterte. Diese,
man könnte sagen, Bürgerlisten enden Ende des 17. Jahrhunderts.
Die Briefprotokolle beginnen mit einer fast vollständigen Reihe aber
erst im Jahre 1700, von einem Vorläuferband 1655 abgesehen. Durch
die Bearbei-tung der Kötztinger Marktrechnungsbände und einzelner
Akten war es möglich die Hausbe-sitzer bis annähernd 1650-1680
zurückzuverfolgen, aber die Verbindung zu den alten Bürger-listen
gelang nicht. Wie ein Missing Link in dieser Frage, passt ein Fragment
eines Salbuches von 1655 zwischen die alten Salbuchlisten mit den Marktlehen,
Sölden und Teilen und Haus-besitzerreihen, die durch die Briefprotokolle
ermittelt werden konnten. Dieses Salbuchbruch-stück löst viele
Fragen, die Altkötzting betreffen, auf einmal . Die Bürgerlisten
vor dem 30jährigen Krieg weisen bei den einzelnen Marktlehen noch
gewisse Unterschiede auf, so wurden damals auch 1/2, 3/4, 1/1 und 1 1/2
Marktlehen aufgeführt.
Dieses halbfertige Salbuch führt alle Hofbesitzer auf, mit der
genauen Angabe der exakten Hofgrösse und der Angabe der linken und
rechten Nachbarn. In einigen Fällen beschreibt Adam Türrigl,
er war der Ersteller dieses Salbuches und Besitzer der Anwesen bzw. Brand-stätten
15 +16, 8 und 141, die Lage der Höfe auch mit Straßenbezeichnungen
und Plätzen. Mit diesem Salbuchfragment war es nun nicht nur möglich
den Zeitraum, in dem die Hausbe-sitzer bekannt waren, an den Dreißigjährigen
Krieg heranzuführen, sondern sogar noch dar-über hinaus
und bei markanten Einzelhöfen sogar den Anschluss an die alten
Salbücher des Klosters Rott zu finden.(1445 und 1462)
Die unterschiedlichen Hofgrößen der Marktlehen dienten dafür
als Markierungspunkte in den Listen und konnten immer wieder zum Nachweis
und zur Kontrolle dienen, wenn Lücken in den Salbuchreihen vorhanden
waren.
Auch wenn die Liste der Besitzer nicht lückenlos zeitlich geschlossen
werden kann - die Lük-ken zwischen den einzelnen Salbüchern sind
zu groß - und es auch nur die Marktlehner und Söldner beinhaltet,
so können doch nun viele Personen aus dem 15. und 16. Jahrhundert,
die in der verschiedensten Akten und Produkten dem Namen nach bekannt waren,
jetzt mit be-stimmten Wohnhäusern in Verbindung gebracht werden. Leider
führt das Fragment die (Leer)Häuser nicht auf sondern endet mit
einer Überschrift, die aber auch für sich allein ge-nommen die
Lösung der "Teile"frage darstellt. Es folgen hernach die 20 Thaill,
welche ver-mög der Marktsfreyheiten aus dem viertten Hof gemacht worden.
Leider endet hier das Sal-buch.
Einleitend zu diesem Kapitel wurde erläutert, dass all diese Salbücher
die Reihenfolge der Anwesen von Band zu Band beibehielten. Jetzt nach der
Entschlüsselung der Lage der Markt-lehen wird deutlich, dass die Häuser
in der Liste standen so wie sie aufeinander in Wirklich-keit folgten.
Die Salbücher beginnen immer mit dem Marktlehen, das heute das Hotel
Amber-ger Hof ist und verlaufen fast gleich mit der Nummerierung, die bei
der Erstellung des Urka-tasters im 19. Jahrhundert gewählt worden
war. Eine Hilfe beim Suchen nach Hausnummern soll der zentrale Plan (5),
adaptiert nach der Uraufnahme von 1841, darstellen. Der Gschwandhof
wird ausdrücklich als der dritte Urhof und die Leerhäuser als
Reste des vierten Hofes herausgestellt. Es scheint in diesem Salbuch also
immer zuerst ein Urhöfe aufgeschrie-ben worden zu sein und folgend
dann in der Liste die Teile oder Lehen, die aus diesem ent-standen sind.
Aus dem fehlenden Hinweis auf den ersten und zweiten Gründungshof
kann man wohl schließen, dass bereits 1655 das genaue Wissen über
alle alten vier Urhöfe verloren gegangen war.
Dem Gschwandhof folgen alle Anwesen vom Kaufhaus Gartner über
die Wuhn und Spital und dann die ganze linke aufwärtsführende
Marktstraßenseite hinauf bis über das Markttor hinaus. Wenn
man dieses Prinzip - zuerst kommt der Hof, der geteilt wurde, und dann
die daraus entstandenen Anwesen - auf den Beginn der Liste anwendet, so
wäre das Haus Num-mer 3, das Hotel Amberger Hof als der erste Urhof
Kötztings anzusehen, auch, weil es eines der wenigen Anwesen ist,
welches mit der Größe von 1 1/2 Lehen angegeben ist. Somit könn-te
der erste Urhof den Oberen Markt vom Tor bis zum Januel(Hnr10 und eine
Sölde), mit Ein-schluss des Viertels am Marktplatz umfasst haben.
Über den zweiten Urhof kann man nur mutmaßen bzw. versuchen
den Ort einzugrenzen, an dem er gelegen haben könnte. Zwei andere
Anwesen führten in früheren Zeiten den Zusatz "-hof":
der Voglhof und der Ecklshof. (Hanr 9 und 12). Beide lagen im oberen Markt.
Der Hausname Voglhof ist nachweislich erst im 17. Jahrhundert entstanden,
als drei Generationen der Hausbesitzer den Namen Vogl hatten. Vorher
hieß er Schmuderhof und war damit sogar namensgebend für
das Sch(m)udertor, das noch 1655 im ersten Briefprotokollband gleich
auf der ersten Seite erwähnt wird. Das Anhängsel "-hof" könnte
einfach eine Hervor-hebung sein weil der Voglhof einen, für
Kötzting, enormen Grundbesitz hatte. Auch liegt er zu nahe,
im hinteren Bereich, fast angrenzend, an die Gründe des Amberger Hofes
. Der Ecklshof hingegen ist nur eine Sölde.
Beim Blick auf die Karte ergibt sich aber noch eine andere Möglichkeit.
Seitlich umgeben von Häusern, ebenfalls am Rande Kötztings
liegend und weit genug entfernt von den Urhö-fen eins und drei, ist
ein Marktlehen am sogenannten Pichel eingebettet, das Anwesen der Metzgerei
Ritzenberger, (Hnr 48). In der Listenreihenfolge im Salbuch folgt dieses
Haus nach all den Marktlehen der Marktstraße und noch vor denen des
Spitalplatzes. Im Plan 7 ist solch eine räumliche Aufteilung eingezeichnet.
Es sei hier ausdrücklich nocheinmal erwähnt, dass die Verteilung
der Grundstücke reine Spekulation darstellt
Die Häuser zwischen Rathaus und Kirchenburg, hinab bis zum Regenfluss,
stellen dann den Grund des Vierten Hofes dar - die Fläche ist im Plan
(7) grau abgesetzt. Mitten in diesem Areal liegt das heutige Haus des Gastes
(Hnr 98) ein großes Anwesen, ja sein Besitzer zählte zu allen
Zeiten zu den vermögensten Bürgern Kötztings. Trotz all
diesen Grundbesitzes und Ansehens seiner Besitzer ist es kein Marktlehen
und ist es auch nie gewesen. Aus diesem Hof, der selbst im Markt keine
besondere rechtliche Stellung hatte, können bei einer Teilung dann
auch nur "rechtlose" Leerhäuser enstanden sein.
Das wären also dann die vier Urhöfe Kötztings:
· Hotel Amberger Hof (Hnr 3)
· Metzgerei Ritzenberger (Hnr 48)
· Gschwandhof (TCM-Klinik) (Hnr 91)
· Hotel zur Post (Haus des Gastes) (Hnr 98)
Da aus der Anfangszeit Kötztings keine Akten vorliegen, dürften
all die Punkte, die jetzt als Theorie erscheinen, auch in der Zukunft nicht
mehr lösbar sein. Im günstigsten Fall können noch mehr Einwohner
Altkötztings als bisher als Bewohner einzelner Häuser ermittelt
werden so dass die Häuserchronik erweitert werden kann.